Rösti will Rheintunnel durchdrücken

In der ganzen Aufregung geht unter, dass das alles gar nicht neu ist und auch nicht wegen dem «Weidmann-Bericht» diskutiert wird. Schon im Juli berichtete der Tagesanzeiger, dass Rösti die von der Bevölkerung abgelehnten Autobahnprojekte neu lancieren will und dabei insbesondere die Tunnel durchdrücken will.
Weidmann-Bericht als Ablenkungsmanöver
Das UVEK gab folgenden finanziellen Rahmen vor: für Nationalstrassenprojekte 9 Milliarden Franken, für Agglomerations-projekte 7.5 Mia. CHF und für Bahnprojekte in einer Basis-variante 14 Mia. CHF und in einer erweiterten 24 Mia. CHF.
Der Auftrag war also nicht zu schauen, welche Verkehrsprojekte die wichtigsten sind, sondern es war von Anfang an vorgegeben, dass 9 Milliarden in den Autobahnausbau verlocht werden sollen. Und auch die maximalen Beiträge für Investitionen in den ÖV waren von Rösti vorgegeben. Es war also von Anfang an ausgeschlossen, einige der vielen Milliarden vom Autobahnausbau zum ÖV zu verschieben, auch wenn das wissenschaftlich Sinn gemacht hätte.
Die einzelnen Projekte wurden aber nicht wirklich neu bewertet. Das ist auch unmöglich, wenn zwei Personen in 9 Monaten 500 Projekte «überprüfen» sollen. Das heisst, die Mängel der ursprünglichen Projektierung wurden auch nicht behoben. Das betrifft beim Rheintunnel insbesondere den induzierten Verkehr – also das durch das Projekt verursachte Verkehrswachstum – und die Klimabilanz, bei der die grauen Emissionen ignoriert wurden. Diese beiden Punkte sind aber genau jene, die zur deutlichen Ablehnung geführt haben: Mehr Verkehr und zunehmende CO2-Emissionen.
Der Weidmann-Bericht hat also genau das ergeben, was Rösti wollte. Eine wissenschaftliche Perspektive auf das Schweizer Verkehrssystem fehlt hingegen noch immer. Und die groben fachlichen Mängel an den Autobahnprojekten bleiben bestehen.
Wie war das mit der Demokratie?
52.7% der Bevölkerung haben vor nicht einmal einem Jahr Nein zum Autobahnausbau gestimmt. Das ist Rösti aber egal. Er wird nicht müde zu behaupten, dass Kantone in denen Autobahnausbauten vorgesehen waren, hätten Ja gestimmt. Das Argument ist bei einer schweizweiten Abstimmung zwar nicht relevant, sonst würde es in Basel auch weiterhin eine Eigenmietwertbesteuerung geben, Frauen könnten mit 64 Jahren in Rente und das CO2-Gesetz inkl. Flugticketabgabe wäre in Kraft.
Wenn man schon die Direktbetroffenen entscheiden lassen möchte – was ich auch gut fände – dann muss man die Gemeinden anschauen. Und dann wäre das Nein noch viel deutlicher. Basel (59.5% Nein), Birsfelden (64% Nein), Bern (75% Nein), Zollikofen (58% Nein), Urtenen-Schönbühl (59 % Nein), Genf (64% Nein), Nyon (60% Nein), Pregny-Chambésy (54% Nein), Versoix (57% Nein), Schaffhausen (56% Nein), St. Gallen (55% Nein) und so weiter. Es gibt ein paar betroffene Gemeinden, die Ja gesagt haben wie Coppet oder Kirchberg, sie sind aber klar in der Minderheit.
Aber zurück zur Behauptung mit den Kantonen: Genf, Waadt, Bern und Basel-Stadt haben den Ausbau abgelehnt, Baselland, St. Gallen und Schaffhausen Ja gesagt. Würde man hier ein Mini-Ständemehr machen, wäre es ein 3.5 zu 2.5 Nein. Röstis falsche Behauptung ist auch deshalb interessant, weil man ja extra schweizweite statt lokale Abstimmungen über Autobahnprojekte eingeführt hat, damit man die lokal Betroffenen überstimmen kann. Offenbar ist Demokratie für Rösti längst ein Spiel geworden, bei dem man nach Lust und Laune die Spielregel ändern kann.
Hängt eure Fahnen raus
Für uns bedeutet das, dass wir wohl in den nächsten ein bis zwei Jahren ein zweites Mal über den Rheintunnel abstimmen müssen. Hängt also jetzt schon eure Rheintunnel-Nein-Fahnen wieder raus! Wenn ihr keine (mehr) habt, meldet euch beim Sekretariat und wir besorgen euch welche.
Tonja Zürcher, Vizepräsidentin BastA!


