Klybeckplus – Verantwortung statt Profit

Einmal mehr macht der Kanton deutlich, in welchem Ausmass sie den hiesigen multinationalen Konzernen zudienen. Die Nutzungen im Klybeckareal haben sich in den letzten Jahren grundlegend verändert. Die Grundeigentümerinnen BASF und Novartis haben ihre Forschungs- und Produktionsorte weitgehend aus dem Areal verschoben, die Flächen werden von ihnen nicht mehr gebraucht. Da spielt es diesen Konzernen in die Hand, dass die Stadt dringend an neuen Flächen interessiert ist um die Wohnungsnot in Basel zu mindern.
Dank dem immensen Bedarf des Kantons, wittern BASF und Novartis die grosse Chance, die „erheblichen Kosten für den fachgerechten Rückbau der Gebäudesubstanz und durch die umweltschutzrechtlich gebotene Behandlung der Areale“[1] auf den Kanton und andere zu überwälzen. So formuliert wäre das ein Skandal, deshalb wird der gesamte Vorgang in ein Projekt gepackt, das wie folgt umrissen wird:
„Die Grundeigentümerinnen BASF und Novartis haben sich deshalb mit dem Kanton Basel-Stadt zusammengeschlossen, um die neue Verwendung des Areals gemeinsam zu definieren. Der Schulterschluss von BASF, Novartis und dem Kanton Basel-Stadt bietet die einmalige Chance, eine enorme Fläche von rund 300‘000 m² (ca. 285’000 m² Werkareal plus angrenzende Grünflächen, Freiräume und Strassen) als Gesamtprojekt zu betrachten und im Interesse Aller zu entwickeln.“[2]
Bereits im Juni 2016 berichteten Heidi Mück und Tonja Zürcher voller Zuversicht von den Chancen für das Quartier und den bevorstehenden Beteiligungsanlässen für die frühzeitige Einbindung der Bevölkerung in den Planungsprozess. Nun ist es an der Zeit für eine Zwischenbilanz.
Die nötige Legitimation für das Projekt sollen Beteiligungsveranstaltungen bringen, welche im vergangenen Jahr durchgeführt wurden. Auch BastA! hat daran teilgenommen und sich aktiv eingebracht. Schnell hat sich gezeigt, dass die grundlegenden Entscheidungen hinter den Kulissen zwischen den Planungspartnern getroffen werden. Die eingeladene Bevölkerung konnte zwar ihre Ideen und Träume für das neu entstehende Quartier äussern, diese wurden jedoch nur dann im Prozess aufgenommen, wenn sie auch den Vorstellungen des Projektteams passte.
Die Arealentwicklung orientiert sich in erster Linie an den Interessen der beiden Unternehmen BASF und Novartis. Es ist ein weiteres Projekt, mit dem milliardenschwere Unternehmen von der Stadt Basel gehuldigt werden. Durch die Umzonung (Industrieareal in Wohngebiet) und das Aufwertungsprogramm der Stadt mit Einbezug der Konzerne, können letztere immense Gewinne einfahren. Die Absichten dahinter werden in der Planungsvereinbarung deutlich: «BASF und Novartis wollen mit der Arealentwicklung auch nach Abzug der damit verbundenen Kosten, Beiträge und allfälligen Abgaben [für den fachgerechten Rückbau der Gebäudesubstanz und durch die umweltschutzrechtlich gebotene Behandlung der Areale] eine bestmögliche Wertschöpfung erreichen». Die Konzerne sollen jedoch ihre Altlasten selbst begleichen und sich keine goldene Nase mit chemisch verschmutzter Fläche verdienen. Die Argumentation von Novartis-Vertreter Markus Oser war, dass sie bestimmt nicht die Kosten selber tragen würden, denn sie können schliesslich nichts dafür, was frühere Generationen gemacht haben. Und obwohl bereits beide Unternehmen angekündet haben, nahezu alle Flächen veräussern zu wollen, werden sie in den Prozess der Arealentwicklung eingebunden. Damit können BASF und Novartis sicherstellen, dass sich das Areal ihren Wünschen entsprechend entwickelt.
Ziel ist eine bauliche Dichte von 3.0 AZ (Ausnützungsziffer). Mit der baulichen Dichte wird das Verhältnis von Geschossfläche zur Grundfläche beschrieben (Def.: Amt für Raumentwicklung Kanton Zürich). Es soll also die dreifache Geschossfläche entstehen, als das Areal an Grundfläche besitzt. Wie das umgesetzt werden könnte, ist in verschiedenen Modellen bereits dargestellt. Ein Vorschlag verfolgt die Idee eines Quartierplatzes, welcher von immensen Hochhäusern umgeben sein soll. Ein solch dichtes Gebiet gibt es in Basel heute nicht und kann nur durch hohe und dichte Bebauung erreicht werden. Das Matthäusquartier, welches ausser dem Matthäuskirchplatz keine Freiflächen besitzt, hat laut mündlicher Information an einer Beteiligungsveranstaltung etwa eine bauliche Dichte von 2.7 AZ.
Heikel ist in diesem Zusammenhang, dass es anders als für die bauliche Dichte oder dem Verhältnis zwischen Gewerbe- und Wohnflächen, für das Verhältnis zwischen bebauter Fläche und Frei- bzw. Grünfläche keine Zielvorstellungen gibt. Weil den Planungspartnern bewusst ist, dass es für ausreichende Freiräume knapp wird, bewerben sie bereits jetzt Mehrfachnutzungen. So soll künftig zum Beispiel ein Schulplatz am Nachmittag als Spielplatz dienen. Sollen die Kinder, welche das neu entstehende Quartier beleben, den ganzen Tag auf den Schulplatz verbringen, weil es für andere Freiräume nicht reichte? Um dies zu verhindern, braucht es unbedingt eine klar definierte Fläche, welche nicht bebaut und für Frei- und Grünflächen genutzt wird. Leider kann mit Freiraum kein Profit erwirtschaftet werden, weshalb die beteiligten Unternehmen nur wenig Interesse daran haben, dass genau auf ihren Arealen solche Flächen entstehen sollten. Gleiches wird in der weiteren Planung für öffentliche Einrichtungen oder günstigen Wohnraum gelten.
Unter solchen Umständen wird es kaum möglich, eine Arealentwicklung herbeizuführen, welche sich wirklich an den Bedürfnissen der Stadt orientiert. Das Projekt Klybeckplus soll deshalb in dieser Form abgebrochen werden und eine Umzonung erst dann vorgenommen werden, wenn das Areal frei von jeglichen Altlasten der Unternehmen an die Stadt abgegeben wurde. Die Konzerne verdienen mit ihrem Geschäft jährlich Milliarden und sollen ihrer Verantwortung nachkommen, für ihre eigenen Altlasten die Konsequenzen zu tragen. Dadurch entsteht die Möglichkeit für die Stadt Basel ein Quartier zu planen, dass nicht von Beginn an den wirtschaftlichen Interessen zweier Multis unterliegt. Ein Quartier im Sinne der Bevölkerung mit etlichen Möglichkeiten und Chancen.
Nicola Goepfert
[1] Planungsvereinbarung Art. 4.6. Wirtschaftlichkeit
[2] Website: klybeckplus.ch


