Kreativ und vielfältig gegen Autobahnen und Rheintunnel

Anwohner*innen und Aktivist*innen kämpfen mit Engagement und Einfallsreichtum gegen den Autobahnausbau. Dabei geht es nicht nur um Stimmen, sondern um die Zukunft der Quartiere.

Haustürgespräche, Quartierfest, Informationsveranstaltungen, Flyersteckaktionen, Geschichten von Direktbetroffenen, politische Komitees, Medienarbeit, Recherche, coole Sticker, Dinospuren aus Kreide, die darauf anspielen, dass der Autobahnausbau eine Idee von vorgestern ist, und vieles mehr: Was an Geld fehlt, wird mit viel Kreativität und persönlichem Einsatz von Dutzenden Aktivist*innen und Anwohnenden (mehr als) kompensiert.

Dabei geht es nicht nur darum, möglichst vielen Nein-Stimmen gegen den Autobahnausbau zu erreichen – obwohl das natürlich bis zum 24. November eines der Hauptziele ist. Es geht auch darum, den Menschen zuzuhören und von ihnen zu erfahren, was sie beschäftigt und wie sie sich die Zukunft in ihrem Quartier vorstellen. Denn egal, was am 24. November rauskommt: Das Engagement für Quartiere, die nach den Wünschen und Bedürfnissen der Bewohner*innen gestaltet werden, geht weiter. Und das geht nur mit ihnen.

Viele offene Fragen

Die Anwohnenden haben viele Fragen zum Rheintunnel, zu den  Riesenbaustellen im Kleinbasel und in Birsfelden und den Auswirkungen auf Schulen, Schulwege, Altersheim und Grünflächen. Erschreckend viele haben erst dank den Haustürgesprächen überhaupt davon erfahren, was in ihrer Nachbarschaft geplant ist. Was bedeutet die 10-jährige Baustelle auf der Dreirosenmatte für den Schulunterricht nebendran? Kann überhaupt noch sinnvoll unterrichtet werden? Und wo sollen die Kinder spielen? Wo fahren die Tausenden Baustellen-Lastwagen mit Kies, Steinen und Beton durchs Quartier? Und wie kann überhaupt neben einer solchen Baustelle gelebt werden?

 
Neben grossen und falschen Versprechungen (weniger Verkehr, weniger Lärm, «grüner Asphalt» …) bekommen die Menschen von der Regierung wenig Informationen darüber, was der Entscheid am 24. November für sie heisst. Es wird so getan, als wäre es irgend so ein Tunnel, der mit ihnen nichts zu tun hat. Die Arroganz, mit der die Regierung mit den Menschen insbesondere im unteren Kleinbasel umgeht, schockiert mich.

Unnötige Zerstörung der Dreirosenmatte

Die Regierung hat sich nicht mal die Mühe gemacht, die Auswirkungen zu reduzieren und auf den sinnlosen Tunnelast von der Dreirosenbrücke zum Badischen Bahnhof zu verzichten. Diesen braucht es für die neue Autobahn von Weil bis Birsfelden nämlich gar nicht. Der Rheintunnel wäre zwar auch ohne diesen Ast ein Riesenfehler für die Klima- und Verkehrspolitik, und die Auswirkungen auf die Bevölkerung in Birsfelden und um den Badischen Bahnhof blieben heftig, man könnte jedoch wenigstens die Dreirosenmatte erhalten.

Verschiedene Gruppen, verschiedene Stärken

Die Stärke der Nein-Kampagne(n) in Basel ist nicht nur ihre Kreativität und die neuen Wege, mit der Politik im direkten Gespräch mit den Menschen gemacht wird, sondern auch die Vielfalt der Gruppen und Einzelpersonen, die sich einsetzen. Während sich der VCS zusammen mit umverkehR, BastA!, SP, Grünen, dem Familiengartenverein Birsfelden und anderen Verbänden um die eher klassische Kampagne mit Plakaten und Flyern, aber auch um die Vernetzung über die Kantonsgrenze kümmert, sucht die Kampagne «Jetzt wenden» mit Dreirosen bleibt!, Basel2030, der Bewegung für den Sozialismus und vielen mehr den eher unkonventionellen Weg.

Dabei gab es sogar einen musikalischen Stadtrundgang für eine bessere Welt. Für zwei laute Ja zu Stimmrecht und Musikvielfalt, und ein krachendes Nein zum Autobahn-Rheintunnel zog am 26. Oktober eine Band, begleitet von aufblasbaren Dinosauriern und Menschen, die tanzend Flyer an Passant*innen, durch die Stadt.

Langen Atem haben

Die Prognosen für die Abstimmung machen Hoffnung. Schweizweit stieg der Nein-Anteil Ende Oktober auf 45% – Trend weiter steigend. Und in den Städten zeichnete sich schon damals ein Nein ab. Was ist, wenn wir am 24. November trotz dem riesigen und kreativen Engagement nicht gewinnen? Dann geht es weiter. Denn was nicht gebaut ist, kann verhindert werden. Das haben wir von den Bieler*innen und ihrem Widerstand gegen den Westast gelernt.

Tonja Zürcher, Vorstand BastA!