Rheinhattan reloaded

Alter Wein in neuen Schläuchen oder es geht doch immer nur ums Geld?

Nach einem völlig missglückten Mitwirkungsverfahren und daraufhin mehreren Jahren des Stillschweigens präsentierte die Regierung Im Oktober den aktuellen Stand der Planung von Rheinhattan (Stadtteilrichtplan Kleinhüningen­Klybeck). Die überdimensionierten Wolkenkratzer­Visionen aus den früheren Visualisierungen werden kleingeredet und es wird nun von «vielfältiger Hofbebauung» und vereinzelten Hochhäusern gesprochen. Damit ist aber nicht eine Bebauung wie im bestehenden Klybeck gemeint, sondern 30m hohe Blöcke und Hochhäuser bis zu 65m (ca. 18 Stockwerke). Als Bespielbild wird die HafenCity in Hamburg aufgeführt. Auch die vorgesehene massive Verdichtung wurde nicht verändert. Auf dem Gebiet zwischen Rhein und Altrheinweg sollen in Zukunft 8'000 Menschen wohnen und arbeiten. Das sind mehr als heute im Klybeckquartier auf einer mehr als doppelt so grossen Fläche leben.

Um den Wert des Bodens maximal zu steigern, wird der Hafen nach den Plänen der Regierung vollständig vom Rheinufer verdrängt. Das gilt auch für die Hafenbetriebe am Westquai (Hafenbecken 1). Denn diese sind auf die Hafenbahn entlang des Altrheinwegs angewiesen, die der «vollständigen Transformation» der Hafenflächen zu einer Wohn­ und Büronutzung im Weg ist.

Alternativszenarien unerwünscht

Die Planer betonten an der Präsentation der „neuen“ Ideen, dass die Empfehlungen der Quartierbegleitgruppe, die im Dezember 2013 zuhanden des Grossen Rats eingereicht wurden, «nach Möglichkeit» berücksichtigt wurden. Auch die Regierung hält eine umfassende Prüfung von Alternativszenarien nicht für nötig. Die nun vorgeschlagene Überbauung würde grösstenteils mit den Anliegen der Quartierbewohnenden übereinstimmen, behauptet die Regierung – ohne die Bevölkerung gefragt zu haben – und will den Vorstoss von Heidi Mück abschreiben, der genau diese Alternativszenarien verlangte.

Rheinufer für die Bevölkerung?

Das Rheinufer soll nach den präsentierten Plänen so gestaltet werden wie die Strecke zwischen Mittlerer Brücke und Dreirosenbrücke. Dabei wäre doch wünschenswert, es gäbe mehr Platz zwischen dem Rhein und den Wohnhäusern. Die Nutzung wäre nicht mehr ganz so gedrängt und die Anwohner*­ innen hätten die Party nicht mehr unmittelbar vor ihrem Vorgarten. Am Klybeckquai hätte man nun die Chance, mit einem breiten Park dem Rheinufer entlang einen Frei­ und Grünraum für die ganze Bevölkerung zu schaffen. Ein Raum, der genügend gross ist, damit sich Ruhe­ und Entspannungssuchende und Partyleute nicht auf die Füsse treten. Aber nein, die Wohn­ und Büronutzungen sollen möglichst nahe an den Rhein gebaut werden. Ein Park ist zwar vorgesehen, aber da, wo heute die Hafenbahn liegt. Das „Zückerchen“ für die Quartierbevölkerung wird hinter die «urbane Dichte» von Rheinhattan verschoben.

Rendite vor Freiraum

Die Büro­ und Wohnblöcke sollen also da gebaut werden, wo heute die Zwischennutzungen stattfinden, und der Park da, wo die Hafenbahn liegt, die für den Weiterbetrieb des Hafens auf dem Westquai notwendig ist. Wann und ob der Park überhaupt realisiert werden könnte, ist deshalb vollkommen offen. Der Bau von Wohntürmen und die damit verbundene Rendite hat für die Regierung Priorität. Das Versprechen, einen Park einzurichten, ist aber noch perfider: Indem man die Gleise der heutigen Hafenbahn entlang des Altrheinwegs als Ort für den Park festlegt, werden alle, die den Hafen am Westquai erhalten wollen, anstatt im Landesinneren ein neues Hafenbecken mit dem «Gateway Basel Nord» zu graben, zu Verhinderern des Parks. Eine sachliche Diskussion darüber, ob der geplante Riesenterminal mit seinem massivem Umschlag­ und Verkehrswachstum und der Zerstörung wertvoller Naturflächen sinnvoll ist, wird dadurch stark erschwert. Es ginge nur noch darum, dass der Hafen doch endlich Platz machen soll für den Park. Es wird also alles getan, um die Interessen des Quartiers gegen jene des Hafens auszuspielen.

Nicht zuletzt ist die Anordnung der Grünfläche auf dem Gleisfeld ähnlich dem ursprünglich geplanten Rhein­Seitenkanal ein klares städtebauliches Zeichen: Rheinhattan soll nicht ein Teil des Klybecks werden, sondern ein eigenständiger «urbaner Stadtteil», isoliert und abgetrennt vom Rest.

Wir werden dafür kämpfen müssen, dass der Park dorthin kommt, wo er hingehört: An das Rheinufer und die Wiesemündung.

Wie geht es weiter?

Der Grosse Rat wird im nächsten Jahr darüber entscheiden, ob er die von der Regierung beantragten 5,7 Millionen Franken für die Ausarbeitung des Stadtteilrichtplans Kleinhüningen­Klybeck, für Grundlagenarbeiten zu Verkehr, Grün­ und Freiräumen, Naturschutz und Altlasten sowie für die Mitwirkung der Bevölkerung bewilligen will. Parallel zur Erarbeitung des Stadtteilrichtplans will die Regierung «erste Initialprojekte» auf den «heute verfügbaren Parzellen» umsetzen. Was damit gemeint ist, welchen Zeitplan man dafür hat und was das für die Zwischennutzungen bedeutet, bleibt unbeantwortet.

Planung weiterhin ohne Quartierbevölkerung?

Erneut verspricht die Regierung eine «proaktive Beteiligung und Kommunikation». Man wolle einen Dialog und informiere laufend über den Arbeitsstand. Tönt gut. Versprochen wurde das aber bereits vor Jahren. Passiert ist nichts. Die aufmüpfige Begleitgruppe aus der Quartierbevölkerung wurde auf Eis gelegt. Informationsveranstaltungen im Quartier wurden keine mehr durchgeführt. Es ist der Verwaltung offenbar zu mühsam geworden, sich mit der kritischen Quartierbevölkerung rumschlagen zu müssen. Im ruhigen Büro plant es sich einfacher als zusammen mit der Bevölkerung.

Nun startet man einen neuen Anlauf für die Mitwirkung. Nach den Erfahrungen im ersten Durchgang sind die Erwartungen so tief, dass sie fast nur übertroffen werden können. Die erste Grossveranstaltung war aber wieder ähnlich frustrierend wie gewohnt. Eine Informationsveranstaltung ist nun mal keine Mitwirkung. Immerhin finden nun aber auch Veranstaltungen im kleineren Kreis statt. Die verschiedenen, von der Verwaltung ausgewählten „Stakeholder“ werden ins Baudepartement eingeladen und dürfen ihre Fragen, Bedenken und Kritik deponieren. Alles wird protokolliert und soll in die Planung des zukünftigen Mitwirkungsprozesses einfliessen. Wem das alles zu schwammig ist: Willkommen im Club! Wie schon erwähnt sind die Erwartungen tief, und da sowohl das Bau­departement als auch das Präsidialdepartement keinen erkennbaren Plan haben, bleibt der engagierten Bevölkerung nichts anderes übrig, als sich bei jeder möglichen Gelegenheit einzubringen und den Park am Rheinufer zu fordern.

Spekulation im Klybeck

Während fröhlich geplant wird  geht der  Ausverkauf des Klybecks weiter. Neue teure Wohnungen werden mit dem Slogan «Wohnen im neuen Trendquartier Klybeck für Menschen auf der Suche nach dem gewissen Etwas» beworben. Eine Überbauung am Giessliweg, Häuser an der Erikastrasse und weitere wurden bereits leer gekündigt. Wenn die Politik nicht bald die im Juni 2018 angenommene Wohnschutzinitiative umsetzt, werden weitere folgen. Die Quartierbegleitgruppe verlangte schon 2013, dass man etwas gegen die Spekulation im Quartier macht. Als klitzekleines Entgegenkommen wurde von der Verwaltung ein Auftrag zum Monitoring der Veränderung im Quartier gegeben. Was im Quartier abgeht, hat man trotzdem nicht mitbekommen. Womöglich glaubt Stadtentwickler Lukas Ott noch immer nicht, dass weniger begüterte Leute verdrängt werden, wie er vor gut einem Jahr in einem Interview sagte. Nun will die Regierung das Monitoring weiterführen. Das schadet sicher nicht. Nur: Was nützt es uns, wenn die Regierung nicht mal weiss, ob man dann «gegebenenfalls auf unerwünschte Entwicklungen reagieren» will? Das bisherige Engagement der Regierung deutet jedenfalls nicht darauf hin, dass man etwas gegen die Verdrängung der bestehenden Wohnbevölkerung tun will. Wir verlangen, dass die Regierung und der Grossen Rates endlich etwas gegen Renditemaximier ung und Spekulation mit unserem Zuhause unternimmt, anstatt diese weiter zu fördern!

 

Tonja Zürcher & Heidi Mück, Co-Präsidentinnen BastA!