Letzter Bericht aus dem Grossen Rat

Bin ich wirklich nicht erst gestern das erste Mal als Grossrätin in den beeindruckenden Grossratssaal getreten? Das erste Mal überrascht von der Stimmung gewesen? Das erste Mal einen Vorstoss eingereicht? Wer hätte gedacht, dass die Zeit so schnell vergeht und trotzdem so viele Themen, Ereignisse, Diskussionen und Begegnungen Platz haben?

Dass die Zeit wie im Flug vergehen kann, ist eine Binsenwahrheit und Teil von Kalendersprüchen, aber es selber zu erfahren immer wieder überraschend.

Angefangen hat meine Grossratszeit mit einer Diskussion um die Ereignisse im Historischen Museum und der damaligen Direktorin. Ein Museum, das einfach nicht zur Ruhe kam, bis zum Einsatz eines «ad Interim» Direktors. Und in der nächsten- meiner letzten- Grossratssitzung wird es in einem Traktandum wieder um Museen gehen; wir diskutieren nämlich das neue Museumsgesetz, welches nicht zuletzt auf Grund der damaligen Ereignisse revidiert werden sollte. Ein langer Prozess, der nun zu Ende gehen könnte, wenn das Parlament zustimmt. Mit dem neuen Museumsgesetz soll die Zusammenarbeit zwischen Regierung, Parlament, Direktionen der Museen und Museumskommissionen neu und besser geregelt werden und den Museen trotzdem die nötige Autonomie zugestehen.

Zu verhindern galt es die Idee, die Museen auszulagern oder in Stiftungen umzuwandeln und so der Kontrolle des Parlaments zu entziehen oder anders ausgedrückt, den Kanton weiterhin zahlen zu lassen, aber die Kontrolle einem Stiftungs- oder Verwaltungsrat zu übergeben. Wir kennen genügend Beispiele, dass dies nicht wirklich ein Erfolgsrezept ist. Zum Glück votierten auch hinzugezogene Experten nicht wirklich überzeugend für einen derartigen Paradigmawechsel, sodass wir uns weiterhin auf die Revidierung des Museumsgesetzes konzentrieren konnten. Die letzten Arbeiten wurden in einer Arbeitsgruppe mit Vertreter:innen der BKK, gemeinsam mit PD und den Vertreter:innen der Abteilung Kultur gemacht.
Es freut mich, dass ich das hoffentlich vorläufig letzte Kapitel dieses Geschäftes in meiner letzten Grossratssitzung noch mitbegleiten darf.

Es gibt Monsterthemen wie das Museumsgesetz, aber auch Monsterdebatten wie z. B. Ratschlag und Bericht zum Umbau der Kaserne. Bis dahin habe ich nicht gewusst, dass es möglich ist, dass eine Diskussion fast einen ganzen Tag ums gleiche Thema kreisen kann und jede und jeder auch noch etwas sagen möchte- mehrheitlich jeder. Am besten haben mir diejenigen gefallen, die ihr Votum mit der Einleitung beginnen; eigentlich ist schon alles gesagt, aber lassen sie mich noch kurz ergänzen und dann die volle Redezeit nutzen.
Solche Monsterdebatten gab es immer wieder. Nach einem Tag voller emotionaler Diskussionen sind wir dann um sechs Uhr abends ungefähr bei Traktandum sieben oder acht von achtzig oder mehr Traktanden. Effektivität scheint etwas anderes zu sein, aber das Wesen der Demokratie verlangt manchmal Sitzleder und Geduld.
Überhaupt war das etwas, was ich lernen musste; in der Politik geht es selten oder nie wirklich schnell; einer meiner ersten Vorstösse (Aufhebung Velofahrverbot Rebgasse, vom Claraplatz/Greifengasse bis Schafgässlein) ist immer noch nicht erfüllt, das heisst wir Velofahrenden müssen immer noch verbotenerweise durchs Fahrverbot ins BastA! Büro fahren und/oder einen Umweg unter die Räder nehmen, was fast niemand macht, wenn wir ehrlich sind. Selbst einen ehemaligen Regierungsrat habe ich schon dabei beobachtet, wie er das Fahrverbot ignorierte, um möglichst rasch zu einer Sitzung im Gewerkschaftshaus zu kommen.
Vielleicht erlebe ich ja die Erfüllung meines Anzugs noch (wenn auch nicht mehr als aktive Grossrätin)!

Habe ich in meiner Grossratszeit etwas erreichen können? Als meine grössten Erfolge würde ich meinen Vorstoss zur Abschaffung der Leistungschecks auf allen Schulstufen (was jetzt mindestens zum Teil umgesetzt werden soll) zählen, wie auch die erfolgreiche Überweisung der Standesinitiative zur Ausübung des Parlamentsmandats während des Mutterschaftsurlaubs. Ebenso die erfolgreiche Erstüberweisung eines Anzugs für ein Modul zu gendergerechtem Unterricht in der Ausbildung für Lehrpersonen auf die ich sehr stolz bin, da ich damit eine wichtige Diskussion angestossen habe, auch in den Medien. Überhaupt ist es mir mehrfach gelungen mit Vorstössen (auch wenn nicht alle erfolgreich waren), aber auch in Diskussionen oder Debatten Impulse zu geben.

Ich werde einiges vermissen und vieles, was ich die letzten sieben Jahre erlebt habe, wird mir in guter Erinnerung bleiben; die Arbeit in den Kommissionen, die guten Diskussionen, auch über die Parteigrenzen hinweg und vor allem die Menschen, denen ich begegnet bin und kennenlernen durfte. Trotzdem ist es die richtige Entscheidung, jetzt aufzuhören, da ich immer gesagt habe, dass ich aufhören werde, wenn ich siebzig werde. Dass das so schnell gehen wird - wer hätte das gedacht!

Beatrice Messerli,
ehem. Grossrätin BastA!/GAB