Stoppt die Hetze gegen Bettelnde

Wir sind erschüttert darüber, mit welcher Wortwahl Vertreter*innen rechter Parteien und Verbände gegen Menschen hetzen, die durch Betteln ihre prekäre finanzielle Situation zu verbessern versuchen. Da werden Bettler*innen als «Unrat» betitelt oder es wird faktenwidrig von «Horden» gesprochen, die sich «wie eine Plage» verbreiten. Wer nun mit solch aggressiven Worten gegen bettelnde Menschen aus Rumänien hetzt, zeigt nicht nur einen äusserst problematischen Umgang mit Minderheiten und Armutsbetroffenen, sondern auch mit der Demokratie. Die Stimmberechtigten haben vor nicht mal einem Jahr der Abschaffung des allgemeinen Bettelverbots deutlich zugestimmt.

Jeder Mensch muss das Recht haben, andere Menschen um Hilfe zu bitten, um die eigene Armut und die von Familienangehörigen zu lindern. Dabei ist es jeder Person selbst überlassen, ob sie Geld gibt oder nicht. Es ist nachvollziehbar, dass das Betteln manchmal stört. Es ist aber vollkommen unverhältnismässig und einer offenen Gesellschaft unwürdig, alles Störende oder Lästige verbieten zu wollen.

Die menschenfeindliche Skandalisierung von Armutsbetroffenen im Rahmen des Wahl- und Abstimmungskampf vergiftet die Gesellschaft. Anstatt sich den Ursachen der Armut anzunehmen und ausbeuterische Arbeitsbedingungen oder durch die Schweiz geförderte Steuervermeidung von Konzernen zu kritisieren, will man Symptome aus unserer Wahrnehmung verdrängen und Armutsbetroffene kriminalisieren.

Diese Hetze bleibt nicht wirkungslos und ist alles andere als harmlos. Aggressionen gegenüber Bettler*innen und Menschen, die ihnen Geld geben, nehmen zu. Wer mit aggressiven und herabwürdigenden Worten Stimmung gegen Menschen macht, trägt eine Mitschuld daran.

Obwohl es keinerlei Beweise für bandenmässiges Betteln gibt, wird von den Hetzer*innen einfach behauptet es sei so. Dieser Mythos wird auch medial verbreitet. BastA! kritisiert das verantwortungslose Handeln dieser Medien und schätzt die Recherchearbeit derer, die den Dialog mit den betroffenen Menschen suchen und den Mythos der «Bettelbanden» widerlegen konnten. 

Zudem ist es inakzeptabel, dass die Polizei Bettler*innen das Geld wegnimmt, obwohl Betteln legal ist und kein bandenmässiges Betteln nachgewiesen wurde. Baschi Dürr ist verantwortlich dafür, das geltende Gesetz in seinem Departement durchzusetzen.

BastA! fordert eine faktenbasierte Diskussion und mehr Respekt vor Menschen und ihrer Lebensgeschichte. Wer bettelt, macht das nicht zum Vergnügen.

 

Zum Hintergrund

Das allgemeine Bettelverbot wurde durch einen Entscheid der Stimmbevölkerung vom November 2019 aufgehoben. Verboten bleibt das bandenmässige Betteln, wobei es nicht genügt, einfach zu behaupten es sei eine Bande. Der Entscheid ist ein Kompromiss. BastA!, Grüne und SP wollten das Bettelverbot ganz aufheben. Nachdem dies in der Justizkommission keine Mehrheit fand, entschied sich der Grosse Rat für den Kompromiss, der Betteln grundsätzlich legalisiert. Gebüsst werden soll nur noch, wer andere Personen zum Betteln schickt oder als Mitglied einer Bande bettelt. Damit wurde der Befürchtung entsprochen, dass ohne ein solches Verbot, «insbesondere Frauen und Kinder gezwungen werden, für Hintermänner zu arbeiten, denen sie einen Teil des erbettelten Geldes abgeben müssen». Zwar wird dies bereits durch andere Strafnormen, wie Nötigung und Menschenhandel erfasst. Es ist also eigentlich unnötig, es auch im kantonalen Übertretungsstrafgesetz festzuschreiben. Zudem ist fraglich, ob es solche Bettelbanden überhaupt gibt.