Was der Frauenstreik im Grossen Rat bewirkt
Aber es gab noch weitere Vorstösse, die ihren Ursprung im Manifest und den Forderungen des Frauenstreikkomitees hatten. Forderungen, die eben auch am Frauenstreik, an dem über eine halbe Million Schweizerinnen und Schweizer auf die Strasse gingen, lauthals gefordert wurden: Elternzeit, Analysen über Lohngleichheit, Vereinbarkeit von Familie und Beruf, Projektwochen oder tage für Mädchen zum Thema sexuelle Gewalt und «Wen Do» Kurse, den oben erwähnte Anzug, Fragen zu unbezahlter Betreuungsarbeit und daraus abgeleitet die Forderung nach einer 30 Stundenwoche. Diese führte zu hitzigen Diskussionen und wurde nur vom Grünen Bündnis (und einer SP Stimme) unterstützt.
In einem Zeitungsartikel zu diesen Vorstössen war zu lesen, sie seien «…vornehmlich von linken Politikern gestellt…» worden. Dazu ist zu sagen, dass es auch einer Zeitung gut anstehen würde eine geschlechtergerechte Sprache zu gebrauchen, weil der Satz so geschrieben eine Falschmeldung ist!
Auffällig waren auch abschätzige Gesten und Gesichtsausdrücke von meist männlichen Bürgerlichen während den Debatten. Auch bei extrem unterschiedlichen Haltungen und Wertungen sollte ein gewisser Respekt auch anderen Haltungen gegenüber in einem Grossen Rat vorhanden sein. In diesem Fall ging er teilweise verloren.
Der Frauenstreik hat aber auch ganz andere Resultate gebracht; erstmals wurde am Zukunftstag die Möglichkeit für Mädchen geboten, für einen Tag lang Grossrätin zu sein. 30 Mädchen fanden sich ein wenig aufgeregt am Zukunftstag vor dem Rathaus ein und durften dann im Grossratssaal Platz nehmen. Die meisten waren schon ein wenig beeindruckt, aber nach den Erklärungen zum Ablauf und zur Aufgabe des Tages wurde schnell in einen Arbeitsmodus umgeschaltet.
Die Aufgabe bestand darin, aus jeder der vier Arbeitsgruppen oder Kommissionen eine Petition ins Plenum zu bringen, wo dann abgestimmt wurde, welche Petition schlussendlich der Petitionskommission überreicht werden sollte.
Der Unterschied zwischen dem echten Grossrat und dem Mädchenparlament? Die (echte) Statthalterin brachte es so auf den Punkt; sie hätte nicht ein Mal die Glocke benutzen müssen, um Ruhe einzufordern, der respektvolle Umgang untereinander und in der Plenumsdiskussion und schliesslich die speditive Arbeit der ‘Grossrätinnen für einen Tag’ hätten sie beeindruckt. Vielleicht sollten sich einige der echten Grossräte und Grossrätinnen ein Beispiel an diesen Mädchen nehmen.
Beatrice Messerli, Grossrätin BastA!