Verhüllungsverbot - eine etwas tiefere Auseinandersetzung

Dora Borer ist Doktorandin zum Thema «Bilder muslimischer Frauen im Spannungsfeld von Religion und Politik» an der Universität Basel. In diesem Beitrag beleuchtet sie die Debatte um das Verhüllungsverbot auf verschiedenen Ebenen und geht tiefer auf die Argumente der Befürworter*innen ein. Im Ergebnis kommt sie zu dem Schluss, dass ein Verhüllungsverbot keines der aufgeworfenen Probleme löst, dafür aber auf einer freiheitlichen, demokratischen und emanzipatorischen Ebene neue schafft.

 

Am 7. März 2021 stimmen wir über das Verhüllungsverbot ab.

Die Volksinitiative lautet:

Die Bundesverfassung4 wird wie folgt geändert:

Art. 10a Verbot der Verhüllung des eigenen Gesichts

1 Niemand darf sein Gesicht im öffentlichen Raum und an Orten verhüllen, die öffentlich zugänglich sind oder an denen grundsätzlich von jedermann beanspruch-bare Dienstleistungen angeboten werden; das Verbot gilt nicht für Sakralstätten.

2 Niemand darf eine Person zwingen, ihr Gesicht aufgrund ihres Geschlechts zu verhüllen.

3 Das Gesetz sieht Ausnahmen vor. Diese umfassen ausschliesslich Gründe der Gesundheit, der Sicherheit, der klimatischen Bedingungen und des einheimischen Brauchtums.

Art. 197 Ziff. 125

12. Übergangsbestimmung zu Art. 10a (Verbot der Verhüllung des eigenen Gesichts)

Die Ausführungsgesetzgebung zu Artikel 10a ist innert zweier Jahre nach dessen Annahme durch Volk und Stände zu erarbeiten.

Die Initiative soll Kleiderregelungen in unserer Verfassung verankern, die eigentlich zum Ziel hat Grundsätze schweizerischen Rechts zu sichern. Gehören Kleider und was man damit ausdrückt tatsächlich in eine Verfassung? Hilft ein Verhüllungsverbot, uns vor Unbill zu schützen oder sollen nur Ängste vor Unbekanntem wirkungslos gebannt werden?

Das Verhüllungsverbot zielt einerseits auf muslimische Frauenkleidung ab, anderseits auf alle Menschen, die an öffentlichen Kundgebungen oder Auftritten ihr Gesicht bedeckt halten. In beiden Fällen wird die Gesichtserkennung obligat – sei es als Gegenüber einer Person, sei es als Möglichkeit zur digitalen Aufzeichnung.

Folgt man den Argumenten der Befürworter*innen eines Verhüllungsverbots fallen folgende auf: Die Initiant*innen setzen sich für eine schweizerische kulturelle Praxis der Kommunikation ein, die davon ausgeht, dass Gesicht und Mimik unerlässlich für eine gelingende Kommunikation sind.  Das Verdecken des Gesichts störe diese Kommunikation und die konsequente Identifikation des Gegenübers. Zudem wird angenommen, dass Frauen einen Gesichtsschleier unter Zwang anziehen und somit Diskriminierung erleiden. Diesen Zwang und die daraus resultierende Diskriminierung wollen die Initiant*innen bekämpfen.

Folgt man den Argumenten der Gegner*innen, stellen sie eine Aufnahme von Kleiderregeln in die Verfassung als inadäquat hin. Zudem werde die Religionsfreiheit angegriffen und eingeschränkt.

Alle Argumente können zutreffen - nicht grundsätzlich, aber mindestens potentiell und teilweise. Gehen wir ihnen also auf den Grund.

Gesicht und Ausdruck als Mittel der Kommunikation

Im öffentlichen Raum sollen gemäss Initiativtext alle Gesichter frei und für Andere sichtbar sein (ausser bei in den Initiative genannten spezifischen Ausnahmen). Damit wird auf Stoffbedeckung, also Kleidung gezielt. Adressiert sind Demonstrierende mit verhüllten Gesichtern und Musliminnen mit Gesichtsschleier. Im ersteren Fall geht es darum, Personen, die sich anonym öffentlich äussern wollen, zu erkennen. Bei den Musliminnen wird argumentiert, dass Kommunikation in unserer Gesellschaft über das Sehen von Gesicht und Ausdruck läuft und ein Gesichtsschleier dies verunmöglicht. Ziel und Zweck eines solchen Gesetzesartikels sind also, Schwellen der Identifikation und Kommunikation abzubauen und durch ein Verbot eine Kommunikationsform zu erzwingen, die als kulturell feststehend und unverrückbar erachtet wird.

Unterdessen verhüllen wir alle unter den Covid19-Massnahmen unsere Gesichter mit Masken, die so ziemlich die gleichen Gesichtsteile bedecken, wie sie der Initiativtext anvisiert. Wir haben uns in den letzten Monaten daran gewöhnt durch Gesichtsmasken zu kommunizieren - das Kommunikations-Argument hat sich in den Covid19-Aerosolen aufgelöst. Gesundheitliche Gründe würden auch bei Annahme der Initiative jegliche Form der jetzt getragenen Gesundheitsmasken zulassen. Mit Hygienemasken kann das Verhüllungsverbot jederzeit und überall umgangen werden. Der Initiativzweck der steten Erkennung von Gesicht und Mimik eines Gegenübers erweist sich als sinn- und wirkungslos.

Sollen Bekleidungsvorschriften gesetzlich verankert werden?

Per Gesetz verboten ist Exhibitionismus, also das explizite Zurschaustellen sexueller Organe. Kleidungsvorschriften hingegen gibt es bisher nur wenige. Sie wurden in Bezug auf Schulen und öffentliche Ämter diskutiert und teilweise eingeführt, oft blieb es bei gescheiterten Versuchen.

In Schulen wird angemessene Kleidung verlangt, obgleich selbst dazu keine gesetzlichen Grundlagen vorhanden sind. Art. 302 des ZGB stellt den Eltern anheim, das Kind «ihren Verhältnissen entsprechend zu erziehen und seine körperliche, geistige und sittliche Entfaltung zu fördern und zu schützen»[1]. Die Eltern und nicht die Schule sind verantwortlich auch für eine Kleidung, die diesen Vorgaben genügt. Zum Kopftuchverbot an Schulen entschied das Bundesgericht 2015, «ein Kopftuchverbot an Schulen sei ein unverhältnismässiger Eingriff in die Religionsfreiheit, die von der Verfassung garantiert werde»[2]. Auch dieser Entscheid ist bei der Lektüre von Art. 303 ZGB nachvollziehbar: «Über die religiöse Erziehung verfügen die Eltern.» Er legt die Kompetenz zur Kleidung in die Hand der Eltern.                             

Weitere Bekleidungsregelungen sind bekannt in politischen Ämtern, wo gebührende Kleidung gefordert ist. Im Sinne der Umsetzung von Neutralität, Unparteilichkeit, der Trennung von Religion und Staat bedeutet es, dass keine religiösen Symbole getragen werden sollen. Es führte dazu, dass in öffentlich zugänglichen Verhandlungen auch das Tragen eines Schals durch Amtspersonen abgelehnt werden kann.

Kleidungsvorschriften ohne gesetzlichen Hintergrund sind gängig in Unternehmen, insbesondere des Finanzsektors. Dort bilden sie aber Teil von Anstellungsbedingungen und lassen sich nicht mit expliziten rechtlichen Grundlagen begründen. Mit der Annahme einer Arbeitsstelle geht man den entsprechenden Vertrag und die daran geknüpften Bedingungen ein.

Allgemein gültige Kleider-Regelungen sind demnach weder widerspruchslos noch durchgängig gesetzlich begründbar. Es steht den Menschen – Frauen und Männern – frei, zu entscheiden, wie sie sich innerhalb ihrer beruflich bedingten Kleidung anziehen. Kleider und Grenzen von Bekleidung sind neben individuellen Vorlieben eine gesellschaftliche Aushandlung und genau dorthin gehört auch der Diskurs: in die Gesellschaft. Kleiderregelungen in einer nationalen Verfassung zu verankern, ist ein Missbrauch unserer Gesetzesgrundlagen.

Abs. 3 des Initiativtexts lautet: «Das Gesetz sieht Ausnahmen vor. Diese umfassen ausschliesslich Gründe der Gesundheit, der Sicherheit, der klimatischen Bedingungen und des einheimischen Brauchtums.». Dieser Teil des Initiativtextes impliziert, dass es einen einheimischen Brauchtum und einen nicht einheimischen Brauchtum gäbe. Nur letzteres fällt unter das Verhüllungsverbot. Hier wird also eine Ungleichbehandlung von kulturellen Kleidungsgewohnheiten gesetzt, die klar Art. 8 unserer Verfassung zur Rechtsgleichheit widerspricht, der festlegt, dass niemand «wegen der Herkunft, der Rasse, des Geschlechts, des Alters, der Sprache, der sozialen Stellung, der Lebens­form, der religiösen, weltanschaulichen oder politischen Überzeugung oder wegen einer körperlichen, geistigen oder psychischen Behinderung» diskriminiert werden darf.

Aus einer Gesichtsverhüllung alleine lässt sich keine Gefährdung unserer Gesellschaft noch einzelner Menschen ableiten. Haben Frauen, die ihr Gesicht verhüllen je durch das Verhüllen ihres Gesichts einen Menschen oder die Gesellschaft gefährdet? Das kann mit einem deutlichen «nein» beantwortet werden. Terroristische Akte wurden von Männern geplant und ausgeübt, die keinen Gesichtsschleier tragen. Sie wollen erkannt werden als «Helden» ihrer Akte. Gewalttätige Attacken von Frauen mit Gesichtsschleier sind nicht dokumentiert. Im Gegenteil: verschleierte Frauen werden angegriffen, weil sie sich mit verdeckten Gesichtsteilen in der Öffentlichkeit bewegen. Kollateral zu dieser Initiative wurden sie Opfer verbaler Gewalt.

Ein gesetzlich verankertes Verhüllungsverbot kriminalisiert präjudizierend sowohl Musliminnen mit Gesichtsschleier wie auch gesichtsverhüllte Demonstrierende und Akteur*innen. In Kombination mit den technischen Möglichkeiten von Gesichtserkennung und Ortung wird mit diesem Verfassungsartikel eine Voraussetzung für eine uneingeschränkte erkennungsdienstliche Erfassung geschaffen.

Gegen Unterdrückung von Frauen muslimischen Glaubens

Der öffentliche Diskurs zeigt, dass sich das Verhüllungsverbot gegen Frauen muslimischen Glaubens richtet, also gegen eine machtlose Minderheit. Es schränkt bereits eingeschränkte Freiheit zusätzlich ein, nimmt einer Gruppe Frauen ein einfaches Alltagsrecht: sich zu kleiden, wie es ihrer Überzeugung und ihrem Geschmack entspricht. Die Initiant*innen gehen davon aus, dass Frauen von ihren Männern gezwungen werden, einen Geschichtsschleier zu tragen, übersehen dabei jedoch, dass genau das Umgekehrte, nämlich sich unbedeckt in der Öffentlichkeit zu zeigen, ebenso erzwungen sein kann. Beispielhaft kommt es in zwei meiner ersten Interviews zu meinem Dissertationsthema «Bilder muslimischer Frauen im Spannungsfeld von Religion und Politik» zum Ausdruck. Zwei Migrantinnen aus dem nordafrikanischen Raum waren durch Heirat und damit Familiennachzug in die Schweiz gekommen. Sie hatten in ihren Herkunftsländern einen Schal in der Öffentlichkeit getragen und waren davon ausgegangen, dass zwar ihr Leben in der Schweiz in vielen Aspekten anders sein würde, sie aber weiterhin ihren gelebten religiösen Praktiken folgen könnten. In der Schweiz verlangten ihre Ehemänner jedoch, sich westlich zu kleiden – ohne Schal. Eine Weigerung bedeutete, dass sie als Geschiedene zurückgeschickt würden. Sie taten es, unterwarfen sich dem Zwang, fühlten sich aber im öffentlichen Raum entblösst und schämten sich: «Je me sentais deshabillée, humiliée», sagte eine der Beiden. Erst nach vielen Jahren des Widerstands gelang es ihnen sich mit Schal zu kleiden – auch bei ihrer qualifizierten Arbeitsstelle. Ein Schal sei nicht einfach ein Kleidungsstück. Er sei Teil ihrer inneren Einstellung. Seit sie den Schal tragen, fühlten sie sich im Einklang mit ihrer Religion, wo immer auf der Welt sie seien. Dass auch Arbeitskolleg*innen sie mit Schal akzeptierten, ermöglichte ihnen die Teilnahme am Leben in der Schweiz. Es war also Teil ihrer Integration in unsere Arbeits- und Lebenswelt.

Auch wenn es in den beiden Beispielen um Kopfbedeckung und nicht Gesichtsbedeckung geht, zeigen sie paradigmatisch den Mechanismus auf: Frauen, die durch Heirat in die Schweiz kommen, leiden stark unter ungleichen Machtverhältnissen. Sie sind abhängig von ihren Ehemännern, aber genauso von einer Gesellschaft, die ihnen ein Ausscheren aus dieser Abhängigkeit sogar verwehren würde, wenn sie sich gegen den Ehemann auflehnten. Ob sie nun gezwungen werden, unbedeckt in die Öffentlichkeit zu gehen oder dazu sich zu verhüllen, bleibt in der Funktion und Wirkung gleich: sie werden gezwungen und unterdrückt. Ein Gesetz, wie es der Initiativtext vorsieht, verhindert keine Unterdrückung, vielmehr ermöglicht es eine zusätzliche. Fazit: es darf nicht darum gehen, Frauen weiter zu unterdrücken, sondern darum, Bedingungen zu schaffen, damit sie frei entscheiden können auch bezüglich ihrer Kleidung.

Feministische Kreise, die die Initiative als Befreiung der muslimischen Frau feiern, verkennen dass sie damit Freiheit nach westlichen Vorstellung definieren. Musliminnen, die eine andere Perspektive haben, werden als unterdrückt dargestellt. Von einer Begegnung auf gleicher Augenhöhe kann nicht gesprochen werden, vielmehr zeigt sich ein neokoloniales Verhalten, das festlegt, was eine positive Entwicklung sein soll, nämlich unbedeckte Gesichter. Das ist nur dort richtig und auch entsprechend zu unterstützen, wo Frauen dies wünschen. Dazu braucht es nicht ein Verhüllungsverbot, sondern strukturelle und gesetzliche Organe, die freie Entscheidungen unterstützen und ermöglichen. Mit dem Verhüllungsverbot werden die fundamentalen Ziele feministischer Bewegungen, Rechte und Freiheit für Frauen einzufordern und zu erreichen, in ihr Gegenteil verkehrt. 

Religion frei ausüben

Die Religionsausübung des Islams basiert auf Koran, Sunna und Meinungsfindung in der Gemeinschaft. Wie in allen Schriftrelgionen bedürfen auch die muslimischen Schriften für die Umsetzung im Alltag Interpretationen. Dass diese sehr voneinander abweichen können, wird bereits deutlich beim Vergleich der verschiedenen Richtungen innerhalb des Islams. Sie zeigt sich auch in der Auslegung des Verhüllungsgebots. Tatsächlich werden alle Formen von Ganzkörperbedeckung bis Bedeckung des Busens in Betracht gezogen. Was jeweils gelebt wird, ergibt sich aus Erziehung und Alltagsumfeld, in dem ein Mensch aufwächst, lebt und seine Erfahrungen macht. Wie Musliminnen in der Öffentlichkeit erscheinen, ist so vielfältig wie bei Frauen anderer Religionszugehörigkeit. Diese Vielfalt impliziert auch, dass es nicht ein paradigmatisches Bild einer Muslimin geben kann. Noch kann aus dem Tragen eines Schals oder einer Gesichtsverhüllung zwingend geschlossen werden, dass es sich um eine praktizierende Muslimin handelt. Das Verhüllungsverbot monopolisiert und stigmatisiert Musliminnen mit Gesichtsschleier als unterdrückt von einer Religion, der sie aber angehören und in den meisten Fällen zugewandt sind. Ein Enthüllen ihres Gesichtes durch gesetzlichen Zwang kann neue Hürden zur Teilnahme an Alltagstätigkeiten schaffen. Die Initiative diskriminiert Frauen mit Gesichtsschleier wegen ihrer religiösen Überzeugung – was klar unseren Verfassungsgrundsätzen widerspricht.

Verhüllungsverbote greifen unsere Freiheiten an

Kleidung war bisher ein Aushandeln innerhalb der Gesellschaft und spezifisch innerhalb einer Familie oder Lebensgemeinschaft, verbunden mit individuellen Bedürfnissen und Wünschen. Wenn sich eine ältere Familienmutter offenherzig und in sexy Kleidung in der Öffentlichkeit bewegt, schreit niemand nach einem Gesetz, das die gesellschaftliche Vorstellung einer älteren Frau und einer Mutter mit Kleidungsvorschriften abbildet und regelt. Die Frau und ihr Lebensumfeld handeln es aus und finden zusammen einen Umgang – oder auch nicht. Erst recht wird männliche private Kleidung oder Bedeckung von Körperteilen in öffentlichen Räumen nicht zum Gegenstand von Gesetzen gemacht.

Die Initiative leistet keinen Beitrag zur Vermeidung von Gefahren oder Verbrechen. Sie erreicht nur, dass unsere Gesellschaft unfreier wird, dass der private, persönliche Alltag mit dem Eingriff in die Garderobe eingeschränkt wird. Eine Gesichtsverhüllung per se ist keine Gefahrenquelle, mit einem Verbot kann keine Gefahr vermieden werden, nur die individuelle Entscheidungsfreiheit wird beschnitten. Wie die Vertreter*innen der Initiative argumentieren, kann Verhüllungsanweisung tatsächlich Unterdrückung sein. Dasselbe kann jedoch auch ein Verhüllungsverbot bewirken. Beide stellen nicht allein als Akt eine Unterdrückung dar, sondern bilden vielmehr ungleiche Machtverhältnisse ab und zeigen die damit mögliche Gewaltausübung. Wenn unterdrückte Frauen in ihren Freiheiten unterstützt und gefördert werden sollen, dann gilt es gegen Machtmissbrauch vorzugehen und Möglichkeiten eines Ausstiegs bereitzustellen, sei es gesetzlicher Natur (Bleiberechte) oder gesellschaftlicher (Beratung und Begleitung, Akzeptanz) – wie es auch Amnesty International fordert:

«Voraussetzung für die tatsächliche Durchsetzung von Menschenrechten ist, dass die nötigen Rahmenbedingungen geschaffen werden, damit Frauen ihre Rechte in voller Freiheit ausüben und einfordern können. Dazu zählen zum Beispiel migrations- und integrationspolitische Massnahmen, die die besondere Situation von mehrfach diskriminierten Frauen anerkennen und berücksichtigen, und die Bereitstellung von soziokulturellen Angeboten, die das Selbstbestimmungsrecht von Frauen und ihre Teilhabe am öffentlichen Leben und an allen sie betreffenden Entscheidungen fördern.»[3]

Die Initiative beschädigt demokratische Rechte

Das Verhüllungsverbot, wie es die Initiative fordert, beschädigt zudem grundsätzliche demokratische Rechte, die garantieren sollten, dass gewaltfreie Meinungsäusserung möglich ist, ohne dass damit einschneidende und schädigende Auswirkungen auf das berufliche und persönliche Leben erwartet werden müssen. Mit einem gesetzlich verankerten Verhüllungsverbot und der damit möglichen elektronischen Gesichtserkennung an allen öffentlichen Plätzen wird diese Freiheit grundsätzlich in Frage gestellt. Stellungnahmen von Interessengruppen, die keine Einflusspositionen besetzen, könnten verunmöglicht werden.

Mit der Annahme der Verhüllungsinitiative würden Menschen kriminalisiert ohne dass sie irgend einen Schaden angerichtet hätten. Allein, weil sie ihr Gesicht bedeckt hielten, würden sie straffällig. Wollen wir das?


[1] Art. 302 ZGB,

[2]https://www.srf.ch/news/schweiz/kleidervorschriften-an-schulen-uniformen-oder-hotpants-kleider-sorgen-an-schulen-oft-fuer-zoff, 25.1.21)

[3]www.amnesty.ch/de/themen/frauenrechte/dok/2015/verschleierungsverbot-und-menschenrechte