Schriftliche Anfrage betreffend Umsetzung der fachlichen Empfehlungen für Care Leaver

Die Konferenz der Kantonalen Sozialdirektorinnen und Sozialdirektoren SODK und die Konferenz für Kindes- und Erwachsenenschutz KOKES haben am 20. Dezember 2020 Empfehlungen zur ausserfamiliären Unterbringung veröffentlicht. Diese stellen das Kindeswohl ins Zentrum und haben zum Ziel qualitative Mindeststandards zu entwickeln.

Diese betreffen u.a. die Austrittsphase von Pflegekindern zurück in die Herkunftsfamilie oder in eine anschliessende bzw. selbständige Wohnform. Diese Phasen sind jeweils kritische, sensible Umbrüche und müssen gut vorbereitet werden. Junge Menschen, die in einem Heim oder in einer Pflegefamilie aufgewachsen sind und sich in der Austrittsphase befinden, werden als ‘Care Leaver’ bezeichnet. Für ein gutes Ankommen im Erwachsenenleben, sind stabile Beziehungen und stützende Netzwerke notwendig und müssen  auch im  Erwachsenenalter gewährleistet werden können.  

Niederschwellige Hilfe und Abbau von behördlichen Hürden begünstigen einen guten Start. Die behördliche Anerkennung der speziellen Herausforderungen von Care Leavers ist unabhängig eines offiziellen Status von existentieller Bedeutung. Aufgrund der unrühmlichen Geschichte im Umgang mit ausserfamiliären Unterbringungen von Kindern in der Vergangenheit (Verdingkinder, Kinder der Landstrasse) besteht in der Schweiz eine historische Verpflichtung für einen unterstützenden Umgang dieser Kinder und Jugendlichen.

Um die Unterstützungsmöglichkeiten und die behördliche Sensibilisierung im Kanton Basel-Stadt für Care Leavers zu erfahren, bitte ich die Regierung um die Beantwortung folgender Fragen:

  1. Wie positioniert sich der Regierungsrat zu den Empfehlungen der SODK und KOKES betreffend ausserfamiliären Unterbringung?
  2. Wie erhebt der Kanton die statistischen Daten zu Care Leavers; besteht ein Kontakt zur nationalen Datenbank casadata und werden dort die Daten über untergebrachte Kinder und Jugendliche im Kanton BS erfasst?
  3. Wird die Pflegekinderzufriedenheit im Rahmen der Aufsicht oder nach Abschluss der Hilfe eruiert?
  4. Haben Pflegekinder bei Bedarf über die Volljährigkeit hinaus die Möglichkeit Unterstützung in Anspruch zu nehmen – bspw. in Form von einer Begleit- oder Vertretungsbeistandschaft?
  5. Wie kann garantiert werden, dass bei ausserfamiliär untergebrachten Kindern und Jugendlichen eine Person des Vertrauens vorhanden ist und standardmässig eine Verfahrensbeistandschaft eingerichtet wird?
  6. Haben Care Leavers in Basel-Stadt die Möglichkeit in Krisensituationen umgehend niederschwellige ambulante Unterstützung zu erhalten? An welche Einrichtungen können sich die Betroffenen hinwenden?
  7. Inwiefern werden Care Leavers nach dem 18. Altersjahr finanziell unterstützt? Wie wird sichergestellt, dass diese finanzielle Unterstützung niederschwellig gewährt wird?
  8. Wie stellt der Kanton Basel-Stadt sicher, dass der Artikel 12 der UNKRK zur Partizipation umgesetzt wird und Heim- und Pflegekinder über ihre Rechte aufgeklärt werden?
  9. Wie wird sichergestellt, dass bestehende und funktionierende Platzierungsverhältnisse aufgrund unklarer oder wechselnder Finanzierungszuständigkeit (bspw. bei einem Kantonswechsel) nicht gefährdet werden?
  10. Wie wird sichergestellt, dass ehemals ausserfamiliär platzierte Kinder und Jugendliche als Erwachsene nicht für die entstandenen Platzierungs-Kosten haftbar gemacht werden?

 

Oliver Bolliger (43)