Geisterstunde im Abstimmungskampf
Sollen wir einer massiven Senkung der Unternehmensgewinnsteuer zustimmen, nur weil der Geist uns suggeriert, wenn die Reichen noch reicher werden, gehe es uns allen besser?
Am 10. Februar stimmen wir über zwei Vorlagen ab, die Einiges gemeinsam haben: die Fusion der öffentlichen Spitäler Basel-Stadt und Baselland zum Universitätsspital Nordwest AG und die Steuerreform 17, die eine massive Senkung der Unternehmensgewinnsteuer vorsieht. Bei beiden Vorlagen geht es um wichtige politische Weichenstellungen, und beide spalten die Linke. Letzteres verblüfft, handelt es sich doch um Kernanliegen linker Politik. Oder habe ich etwa eine Entwicklung verschlafen? Setzt sich die Linke neuerdings für die Privatisierung öffentlicher Dienstleistungen ein?
Befürwortet sie eine Umverteilung des Reichtums von unten nach oben? Eigentlich ist linke Politik ja simpel. Sie orientiert sich am Grundsatz, dass kein Mensch das Recht hat, einen andern Menschen
auszubeuten. Punkt! Doch genau das tun wir, wenn wir der Steuerreform 17 zustimmen.
Wir heizen den nationalen und internationalen Steuerwettbewerb an, entziehen den Ländern des globalen Südens Millionenbeträge, die vor Ort dringend benötigt würden. Und in der Schweiz tragen wir
dazu bei, dass immer mehr Kantone meinen, im Steuerdumping mitziehen zu müssen, in der Folge in Finanznot geraten und drastische Sparpakete auf Kosten breiter Teile der Bevölkerung schnüren, während sich die Superreichen ins Fäustchen lachen.
Auch in unserem Kanton werden künftig mindestens 150 Millionen Franken jährlich in der Staatskasse fehlen. Wer dafür gerade stehen muss, ist ja klar. Sicher nicht die Familien La Roche, Sarasin, Oeri und wie sie alle heissen – die werden dank der Steuerreform nur noch reicher. Wie viele Bücklinge vor den Multis will die Regierung in Basel eigentlich noch machen? Ist das moderne rotgrüne Politik?
Bei der Spitalfusion zeigt sich ein ähnliches Bild, auch wenn die SP Basel-Stadt mehrheitlich die Nein-Kampagne unterstützt.
Doch im Baselbiet sieht das anders aus, und auch in der Stadt machen sich einzelne Exponent*innen der Sozialdemokratie und der Grünen für eine Fusion der Spitäler und deren Überführung in eine Aktiengesellschaft stark. Ist ja klar: Unsere Gesundheit ist eine Ware wie jede andere, die vermarktet
und an den Börsen gehandelt werden kann, oder etwa nicht? Wenn Sie jetzt zweifeln, haben Sie den Geist des Kapitalismus noch nicht verinnerlicht. Da hilft nur Eines: Meditieren Sie täglich vor dem Roche-Turm und pilgern Sie anschliessend barfuss zum Novartis Campus, die letzten 50 Meter bitte auf den Knien!
Martin Flückiger