Einbürgerungsverfahren sind kein Laienspiel

Am Dienstag beantwortete der Bürgerrat unsere Interpellation zur verbesserten Schulung und Begleitung der Einbürgerungskommissionsmitglieder. Ziel der Interpellation war es, eine professionellere und fairere Gesprächspraxis zu schaffen. und die potenzielle Gefahr von Ungleichbehandlung und Diskriminierung im Einbürgerungsprozess zu minimieren. "Der Bürgerratspräsident Lukas Faesch sieht in seiner Antwort im Namen des Gesamtbürgerrats keine Notwendigkeit für zusätzliche Massnahmen", heisst es in der Medienmitteilung der Bürgergemeinde.

Wir sehen das anders. Darum unten das Votum von Pierre-Alain Niklaus.

Sehr geehrte Bürgerrätinnen und Bürgerräte,
Geschätzte Kolleginnen und Kollegen,

Die Geschichte der Einbürgerungen in der Schweiz ist eine lange Geschichte der Willkür, aber auch der Machtanmassung und Selbstgerechtigkeit. Sie ist auch eine Geschichte der massiven Verletzung der Privatsphäre der Menschen, die sich einbürgern lassen wollen.

Zum Glück hat das Bundesgericht den schlimmsten Exzessen in den letzten Jahrzehnten einen Riegel geschoben. Seither gilt: Die Einbürgerung muss zwar individuell verdient werden. Das Leben der Gesuchsteller*innen darf dazu auch überprüft werden. Dennoch darf nicht willkürlich oder diskriminierend entschieden werden.

Als ehemaliges EBK-Mitglied habe ich einige Erfahrung mit meines Erachtens gut geführten Gesprächen und objektiv gefällten Entscheiden. Es gab aber auch etliche Gespräche, wo ich den Respekt vor schwierigen Lebenssituationen oder unkonventionellen Lebensentwürfen vermisste.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Gespräche vor der EBK sind für die Einzubürgernden die letzte Etappe eines langen (und oft kostspieligen) Prozesses, ein Zittermoment, emotional aufgeladen, aber oft auch von grosser praktischer Bedeutung in ihrem Leben - z.B. für die Arbeitssuche, langfristige Aufenthaltssicherheit, oder auch die Reisefreiheit.

Wie leicht und teilweise wenig vorbereitet wir als gewählte EBK-Mitglieder in die Rolle der Gesprächsführenden rutschen, scheint mir der Wichtigkeit des EBK-Entscheides für das Leben der Betroffenen nicht angemessen zu sein:
Woche um Woche zum Teil über Jahre hinweg verantwortungsbewusst, respektvoll, und sensibel für unterschiedlichste Lebensverläufe Gespräche zu führen und faire Entscheide zu fällen, ist kein Selbstläufer.

Kurze Rückblende: In den letzten 40 Jahren wurde zu fünf nationalen Vorlagen abgestimmt, die eine Erleichterung von Einbürgerungen zum Ziel hatten. Die Stimmberechtigten von Basel-Stadt haben jede dieser Vorlagen gutgeheissen.  Aus dieser Vergangenheit leite ich für den Kanton Basel-Stadt und die Bürgergemeinde den Auftrag ab, permanent daran zu arbeiten, die Verfahren in Basel maximal möglich zu erleichtern.

Ein Anteil dazu wären die Anregungen in der vorliegenden Interpellation.

Ich danke Ihnen für das Verständnis.

Pierre-Alain Niklaus, 22. Juni 2021