Schluss mit grau – Ja zum modernen Friedhofsvorplatz beim Hörnli

Der grösste Friedhof der Schweiz öffnete vor knapp 90 Jahren seine Gräber. Die Jahre haben dem parkähnlichen und naturnah gestalteten Gottesacker gutgetan – nicht aber dem Vorplatz, der weder zeitgemäss noch würdevoll ist. Unterdessen erinnert er fast an den Parkplatz eines verlotterten Provinz­flugfeldes. Der Platz hat gravierende ökologische und verkehrstechnische Defizite. Einige Bäume mussten bereits gefällt werden; andere haben nicht genug Wurzelraum oder drohen bei ausbleibendem Regen auszutrocknen. Bei den Haltestellen für den ÖV fehlt die hohe Haltekante, Veloparkplätze sind Mangelware, für Fussgänger*innen ist die Strasse nicht sicher.

 

Der Vorplatz muss saniert werden. Das ist unbestritten. Für grossen Wirbel sorgte die vorberatende Umwelt, Verkehrs- und Energiekommission (Uvek). Sie ergänzte die Vorlage der Regierung zur Umgestaltung des Hörnli-Vorplatzes mit einem städtebaulichen Anliegen: Friedhof und Friedhofsvorplatz sollen wieder eine Einheit bilden, 16 zusätz­liche Bäume sollen gepflanzt und mehr Grünflächen und Flächen für den Fussverkehr geschaffen werden. Dafür würde eine versiegelte Fläche mit 48 Parkplätzen verschwinden. Mit diesem Zusatz nahm der Grosse Rat am 10. März 2021 die Vorlage an. Dagegen ergriff ein überparteiliches Komitee das Referendum, das innerhalb von wenigen Wochen zustande kam.

Auf den ersten Blick mag das verwundern: Wie kann jemand in Zeiten des Klimawandels dagegen sein, Bäume zu pflanzen, Parkplätze aufzuheben und gleich­zeitig den Vorplatz des grössten Friedhofs der Schweiz würdevoller zu gestalten? Hat es zu wenig Parkplätze? Ganz sicher nicht! Beim Friedhof und unmittelbar angrenzend stehen auch nach der Umgestaltung 293 Parkplätze zur Verfügung. Auf dem Vorplatz sind es immer noch 43. Aus der Zeit der Friedhofseröffnung scheint allerdings die Preisgestaltung der Parkkarten zu sein: Sie kosten acht Franken – pro Jahr! Auf ein solches Schnäppchen wollen v. a. Pendler*innen nicht verzichten. Wer wegen einer Beerdigung aufs Hörnli kommt, kann entweder den ausgezeichnet ausgebauten ÖV oder die Parkplätze direkt beim Kapellenhaus nutzen.

Wahr ist: Von der Umgestaltung des Hörnli-Vorplatzes profitieren alle Verkehrs­teil­nehmenden – mit Ausnahme des moto­risierten Individualverkehrs. Die urbane Lebensqualität wird verbessert, der Fried­hofs­vorplatz ökologisch sowie städte­baulich massiv aufgewertet und die Bäume können sich vital entwickeln. Deshalb müssen wir dafür sorgen, dass die Vorlage angenommen wird. Ein Nein wäre verheerend: die Bushaltestellen würden nicht behinderten­gerecht, Velomassnahmen würde es keine geben, die Sicherheit der Fussgänger*innen bliebe mangelhaft, die Bäume würden weiter darben und am würdelosen Vorplatz des grössten Schweizer Friedhofs hätten weiterhin eigentlich nur die Jahres­park­karten­besiter*innen ihre Freude.

Mike Gosteli, Einwohnerrat Riehen

 


… gut zu wissen

Schon vor über 100 Jahren – 1919 – entschied die Basler Regierung, am Fusse des Grenzacher Horns sei der geeignete Ort für einen dringend benötigten neuen Zentralfriedhof. Nach einem Wettbewerb, Nachbesserungen und langjährigen Planungen begannen im Oktober 1926 die über fünf Jahre dauernden Bauarbeiten.
Die umfangreichen Arbeiten wurden zum grössten Teil als «Notstandsarbeiten» ausgeführt. Aufgrund der damals hohen Arbeitslosigkeit erhielten private Firmen nur dann einen Auftrag, wenn sie einen bestimmten Prozentsatz an Arbeitslosen beschäftigten. Zahlreiche Klagen und Eingaben lassen darauf schliessen, dass das Konzept versagte. Bei schlechtem Wetter ruhte die Arbeit, und der Stundenlohn von Franken 1.35 fiel aus. So wären die Arbeiter manchmal besser gefahren, wenn sie erwerbslos von sozialer Unterstützung gelebt hätten. Nur dank ihrem unermüdlichen Einsatz konnte der grösste Friedhof der Schweiz wie geplant am 1. Juni 1932 eröffnet werden. Sie – und nur sie - sorgten dafür, dass das Budget von 7,23 Millionen Franken nicht überschritten wurde.