Neue Organspenderegelung nimmt riesigen Druck von den Angehörigen
Auch bei dieser Lösung geschieht nichts gegen den Willen des Verstorbenen. Er kann eine Organspende ausdrücklich ablehnen. Er kann eine bereits erteilte Zustimmung jederzeit widerrufen, auch kurz vor seinem Tod. Und auch Angehörige können sich weiterhin und in jedem Fall gegen eine Transplantation aussprechen, wenn sie davon ausgehen, dass diese nicht oder nicht mehr im Sinne der verstorbenen Person ist.
Organspende ist Ausdruck der Solidarität mit Schwerkranken
In der Schweiz werden pro Jahr rund 450 Organe gespendet. Sie sichern nicht nur das Überleben der betroffenen Patient*innen, sondern sie verbessern auch deren Lebensqualität massiv. Doch in der Schweiz werden heute weniger Organe gespendet, als eigentlich benötigt werden. 2021 befanden sich 1’434 Personen auf der Warteliste für eine Organtransplantation. Manche Patient*innen warten bis zu drei Jahre auf eine Organspende. Nicht für alle kann rechtzeitig ein Spendenorgan gefunden werden: Im letzten Jahr sind 72 Personen auf der Warteliste verstorben. Dies müsste nicht sein. Ein Ja zur Organspende ist auch ein Akt der Solidarität mit schwerkranken Mitbürger:innen.
Widerspruchslösung in Europa breit verankert
Der Wechsel von der heute geltenden Zustimmungs- zur Widerspruchslösung kann dazu beitragen, dass bei denjenigen Personen, die ihre Organe spenden möchten, vermehrt auch tatsächlich eine Organtransplantation vorgenommen wird. Heute wird eine Organspende oftmals von den Angehörigen abgelehnt, wenn der Wille der verstorbenen Person nicht bekannt ist. Dass der Systemwechsel die Zahl der Organspenden erhöhen kann, das zeigt auch der Blick aufs Ausland: Die meisten europäischen Länder kennen heute bereits eine Widerspruchslösung, wie sie in der Schweiz eingeführt werden soll. Und sie haben meist eine höhere Spenderate als die Schweiz. Die neue Regelung hilft also, mehr Personen das Leben zu retten oder deren Lebensqualität zu erhöhen.
Spende ohne Angehörigenkontakt nur bei Spendenwilligen
Ganz wichtig: Wenn kein Angehörigenkontakt möglich ist, gibt es auch künftig keine Organentnahme – ausser die verstorbene Person hat den Spendenwillen vorgängig im Register eingetragen. Das heisst: Wenn kein dokumentierter Wille vorliegt und auch keine Angehörigen erreicht werden können, dann dürfen auch zukünftig keine Organe entnommen werden.
Sibel Arslan, Nationalrätin