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Nein zur Präimplantationsdiagnostik
Die Fortpflanzungsmedizin hatte ursprünglich zum Ziel, unfruchtbaren Paaren zu ermöglichen, dennoch ein Kind zu bekommen. Davon hat sie sich weit entfernt: Auf verschiedenen Ebenen der Reproduktion entstehen immer wieder neue Eingriffsmöglichkeiten. So suggeriert etwa die vorgeburtliche Untersuchung, die sogenannte pränatale Diagnostik, das gesunde Kind könne garantiert werden. Seit Anfang der Neunziger Jahre gibt es eine weitere Diagnosemöglichkeit: die Präimplantationsdiagnostik (PID). Mittels der PID, die im Rahmen einer künstlichen Befruchtung (In-Vitro-Fertilisation, IVF)zur Anwendung kommt, werden Embryonen vor der Übertragung in die Gebärmutter genetisch untersucht. Auf diese Weise sollen unter anderem auch Risiken für bestimmte Erbkrankheiten identifiziert werden. Bisher war die Methode in der Schweiz bereits auf Verfassungsebene verboten.
Die geplante Verfassungsänderung, die am 14. Juni von den StimmbürgerInnen abgesegnet werden soll, bereitet den Weg für die Zulassung der ethisch fragwürdigen Präimplantationsdiagnostik: Das eigens dafür revidierte Fortpflanzungsmedizingesetz (FmedG), das die Bedingungen festlegt, unter denen eine PID zur Anwendung kommen wird, ist bereits vom Parlament abgesegnet. Es tritt in Kraft, sobald der Verfassungsartikel angenommen ist – es sei denn, es kommt zu einem Referendum.
Ein NEIN an der Urne ist aus unserer Sicht zwingend: Entgegen dem Bundesratsvorschlag soll der embryonale Gen-Check nicht nur bei Paaren durchgeführt werden, die ein hohes Risiko für eine schwere Erbkrankheit aufweisen. Die PID soll auch zulässig sein zur Erkennung chromosomaler Eigenschaften, die die Entwicklungsfähigkeit des Embryos bei einer künstlichen Befruchtung (IVF) generell beeinflussen könnten. Im Klartext: Die PID soll allen Paaren offen stehen, die sich einer IVF unterziehen. Es ist zu erwarten, dass die PID eine weitere Zunahme der IVF mit sich bringt. Der Mehrumsatz der Fertilitätsbranche wird also beträchtlich sein.
Um eine PID durchführen zu können, müssen 10 bis 12 Embryonen hergestellt werden, die dann untersucht werden. In diesem Zusammenhang wird zukünftig auch die Konservierung von Embryonen erlaubt werden, was bisher im Hinblick auf deren ethisch fragwürdige Nutzung als Ressource zu Forschungszwecken verboten war. Eine IVF mit anschliessender PID ist teuer; deshalb wird die PID nur finanziell gut gestellten Frauen und Paaren zugänglich sein. Andernfalls müsste sie von der Grundversicherung übernommen werden, dadurch würden die Krankenkassenprämien aber weiter steigen.
Die PID selektioniert: Eine eugenische Tendenz wurde auch vom Bundesrat erkannt. Die markante Ausweitung des Anwendungsgebiets ist deshalb nicht zu rechtfertigen. Mit dem Rekurs auf das «Leid» betroffener Paare wird versucht, eine ethisch fragwürdige und wissenschaftlich unzuverlässige Methode zu legalisieren. Die PID kann «Leiden» nicht verhindern – sie erlaubt uns lediglich, Embryonen nach von uns bestimmten Kriterien auszusortieren. Die PID garantiert kein gesundes Kind und ist weder erfolgversprechend noch risikoarm.
Durch selektive Diagnostiken wird der Eindruck vermittelt, Behinderungen und Krankheiten könnten vermieden werden. Eine Selektion von Embryonen mit bestimmten Krankheiten oder Behinderungen kann zu einer Entsolidarisierung in der Gesellschaft führen. Vom Argument: «PID, um Krankheiten zu verhindern» bis hin zur Frage «Warum sollen kranke Menschen und Menschen mit Behinderungen geboren werden?» ist es nur ein kleiner Schritt.
International hat sich längst gezeigt, dass restriktive Zulassungskriterien nicht haltbar sind. Behindertenorganisationen fürchten zu recht, dass die PID zur Diskriminierung von Menschen mit Behinderung führen wird. Der Druck auf Frauen, ein gesundes Kind bekommen zu müssen, wird weiter steigen. Der Traum vom Kind wird zunehmend zum Albtraum.
Pascale Steck, biorespect