Kampf um den öffentlichen Raum: Wem gehört die Allmend und wer darf sie nutzen?

Im kHaus soll nämlich dort, wo heute das «Stadtfenster» beheimatet ist, eine Gelateria mit Take-away und Aussenbewirtschaftung Einzug halten. Und der Grosse Rat wird demnächst über einen 3,4-Millionen-Kredit für den Vollausbau des Kasernenrestaurants befinden. Im Betriebskonzept für das Restaurant ist ebenfalls eine Aussenbewirtschaftung mit 70 Plätzen vorgesehen. Die verbleibende Allmendfläche schrumpft auf einen schmalen Streifen. Wir Boule-Spieler*innen werden vertrieben. Diese Entwicklung wirft die grundsätzliche Frage auf, welche Bedeutung dem öffentlichen Raum in einer demokratischen Gesellschaft zukommt.
Vielfältig genutzte Allmend
Der Kiesplatz vor der Kaserne ist weit mehr als ein Ort, wo Menschen ihrem Hobby frönen. Hier ist über Jahrzehnte hinweg ein soziales Netzwerk entstanden: ein offener Treffpunkt nicht nur für das gemeinsame Spielen, sondern auch ein Ort des Austauschs, der gegenseitigen Anteilnahme, der Toleranz gegenüber Andersdenkenden. Hier begegnen sich Menschen, die sich ohne diesen Ort und das Spiel vermutlich nie kennengelernt hätten. Und die Boule-Spieler*innen sind nicht die Einzigen, die diesen Ort schätzen. Auch rund um den fest installierten Tischtennistisch, der ebenfalls verschwinden soll, hat sich eine lebendige Szene entwickelt. Dazu kommen etliche gelegentliche Nutzer*innen. Vor allem in der warmen Jahreszeit werden an den Tischgarnituren Feste gefeiert oder Picknicks veranstaltet. Und schliesslich sind da noch die Passantinnen und Passanten, die stehen bleiben und dem bunten Treiben eine Weile zuschauen oder sich auf den Bänken im Schatten der Bäume ausruhen. Gerade im dicht besiedelten Kleinbasel sind solche Orte ohne Konsumzwang von unschätzbarem Wert.
Die Grundsatzfrage
In den vergangenen Jahrzehnten sind in Basel immer mehr Allmendflächen für kommerzielle Nutzungen zur Verfügung gestellt worden. Ich beurteile diese Entwicklung nicht ausschliesslich negativ. Dass viele Gastrobetriebe heute auch eine Aussenbewirtung anbieten, hat durchaus zur Belebung der Stadt beigetragen. Wenn aber ein derart vielfältig und rege genutzter öffentlicher Raum wie der Kiesplatz vor der Kaserne kommerziell umgenutzt wird, bedeutet dies einen Verlust an städtischer Lebensqualität.
Im Basler «Gesetz über die Nutzung des öffentlichen Raums» steht unter § 8: «Wenn nichts Abweichendes bestimmt ist, darf der öffentliche Raum gemäss dem vorliegenden Gesetz zum schlichten Gemeingebrauch ohne Bewilligung und unentgeltlich genutzt werden.» Und unter § 9, Absatz 1: «Die Nutzung des öffentlichen Raumes zum schlichten Gemeingebrauch kann im öffentlichen Interesse beschränkt oder aufgehoben werden.» (Hervorhebung durch Autor) Da stellt sich doch die Frage: Worin liegt das öffentliche Interesse, am Rheinuferweg, wo es an Aussenbewirtungen nur so wimmelt, zwei weiteren Gastrounternehmen Allmend zur kommerziellen Nutzung zur Verfügung zu stellen? Oder andersrum: Ist das öffentliche Interesse am Erhalt eines so vielseitigen und rege genutzten Treffpunkts nicht weit höher zu gewichten als die kommerziellen Interessen zweier privater Gastrounternehmen?
Widerstand hat sich formiert
Wir Boule-Spieler*innen wehren uns vehement gegen die kommerzielle Umnutzung unseres Treffpunkts. Gegen das Baugesuch der Gelateria sind etliche Einsprachen eingereicht worden und noch immer hängig. 1117 Personen haben eine Petition für den Erhalt der Allmend vor der Kaserne als öffentlicher Raum ohne Konsumzwang unterschrieben. Mit einem offenen Brief haben wir an die Ratsmitglieder appelliert, den 3,4 Millionen-Kredit für den Vollausbau des Kasernenrestaurants zurückzuweisen mit dem Auftrag, ein neues Betriebskonzept ohne Allmendnutzung auszuarbeiten. Ursprünglich sollte das Geschäft noch in der Dezembersession behandelt werden. Da sich eine Zurückweisung abzeichnete, starteten SP und LDP in letzter Minute einen Rettungsversuch. Der Ratschlag soll nun leicht modifiziert erst im Januar zur Abstimmung gelangen.
Wir Boule-Spieler*innen werden uns weiterhin dafür einsetzen, dass die hier zur Diskussion stehende Allmend ohne Konsumzwang für alle frei zugänglich bleibt. Denn öffentliche Räume wie der Kiesplatz vor der Kaserne sind für den gesellschaftlichen Zusammenhalt und letztlich auch für das Funktionieren der Demokratie unentbehrlich.