Jetzt voll auf Wohnschutz-Klimaschutz setzen – nicht auf Investorenschutz!

Gegen Vertreibung und Verdrängung, für bezahlbare Wohnungen im Bestand und gegen klimafeindliche Abbrüche: Dies sind die erklärten Ziele des Basler Wohnschutzes.

Erste Erfahrungen zeigen uns, dass trotz neuem Gesetz gleich saniert werden darf wie früher, dank dem Bau- und Gastgewerbeinspektorat, welches alle Nice-to-have-Sanierungen genauso bewilligt wie früher – als ob es kein neues Gesetz gäbe. Also, nix mit sanften Sanierungen, alles – Verdrängung und Vertreibung – bleibt wie bisher. Die Wohnschutzkommission befindet lediglich über die Mietzinsen für die folgenden fünf Jahre. Danach ist die Mietzinshöhe offen.

Bei den Abbrüchen ergibt die large Bewilligungspraxis des Bauinspektorats ein noch krasseres Bild: Abbruchgesuche werden bewilligt unbeachtet der grauen Energie, die beim Abbruch verloren geht und beim Neubau gebunden wird, obwohl das Gesetz diesbezüglich Vorgaben macht. Die Wohnschutzkommission ihrerseits, die von Gesetzes wegen über den Wohnschutz im Interesse der Bevölkerung wachen sollte, sagt zur Abbruchbewilligung rein gar nichts. Die Regierung hat ihr in der vom Gesetz abweichenden Verordnung nur wenige Aufgaben zugemessen und hat sie so aufgebaut, dass sie sich als Behörde, also als Teil der Verwaltung mit dem Regierungsrat als Vorgesetzten, verstehen soll. Also etwas ganz anderes als jene unabhängige Kommission, wie sie im Gesetz formuliert ist.

So haben sich in der kantonalen Verwaltung alle zusammengetan, um jeglichem griffigen Wohnschutz von vorneherein die Zähne zu ziehen. Denn ein wirkungsvoller Wohnschutz zugunsten der Bevölkerung würde den renditegetriebenen Investoren weh tun, was der Verwaltungsapparat offenbar um jeden Preis vermeiden will.

Die Immobilienbranche ist unersättlich. Seit Anfang Jahr hämmert sie uns schweizweit im Rahmen breiter Medienkampagnen ein, dass Einschränkungen bei ihren Rendite-Investitionen sozialpolitisch unerwünscht seien, weil sie, die Investoren, mit Neubauten und Teuersanierungen die Wohnungsnot bekämpfen würden; bürokratische Hürden wie Lärmschutzbestimmungen oder auch fundamentale formelle Mitwirkungsrechte wie das Verbandsbeschwerderecht würden dabei bloss stören und seien zu schwächen. Einmal mehr wird Deregulierung gefordert.
Diese Lobby macht sich auch in Basel laut bemerkbar. Es soll ungehemmt gebaut, abgebrochen und mittels sogenannter Ersatzneubauten (sprich: höheren Mietzinsen) verdichtet werden. Dabei geht es einzig um eine Verdichtung der Rendite.

Dies alles geschieht zu einem Zeitpunkt, in dem eine Vielzahl von Mieterinnen und Mietern aus allen Schichten mit steigenden Mietzinsen aufgrund von Referenzzinssatz, Teuerung und rechtlich fragwürdigen Kostensteigerungspauschalen konfrontiert werden. Es dürfte nicht das letzte Mal sein: Im kommenden Dezember sowie im Jahr 2024 müssen wir mit zwei weiteren Erhöhungen des Mietzinses rechnen. Gleichzeitig wird eine bürgerliche Mehrheit im Bundesparlament Ende September die Rechte von uns Mieterinnen und Mietern beschneiden.
Weitere Angriffe auf das Mietrecht stehen uns ebenfalls noch bevor. Der Schweizer Mieterinnen- und Mieterverband ist darauf vorbereitet und wird noch im Oktober 2023 das erste von zwei Doppel-Referenden zum Unterschriftensammeln vorlegen. 

Dies alles geschieht vor dem Hintergrund der akuten Klimakrise. Obwohl das Klima keinen neuen Zement mehr erträgt, fährt die Immobilien- und Baubranche Mal für Mal den Bagger auf. Flüchtig grün angemalte Nullachtfünfzehn-Ersatzbauten rentieren halt besser. Dies ist aber alles andere als nachhaltig, ist nicht sozialgerecht und trägt rein gar nichts zur Erreichung der Basler Klimaziele per 2037 bei, im Gegenteil.
Umso wichtiger ist es nun, den Wohnschutz – der ja auch wichtige Komponenten zur ökologischen und nachhaltigen Sanierung enthält – weiter zu stärken. Der behördliche Widerstand muss gebrochen werden.
Der vom Volk gutgeheissene Wohnschutz enthält wirksame Zusatzbestimmungen zum Klimaschutz und trägt damit zur Erreichung des Netto-Null-Zieles sowie zu einem sanfteren und klimaschonenderen Umgang mit der bestehenden Wohnsubstanz bei. Zugleich wird die Bevölkerung vor Vertreibung und Verdrängung geschützt. Die Basler Behörden müssen endlich aufhören, den Wohnschutz als Bedrohung zu empfinden, und stattdessen die Chancen erkennen, welche Wohnschutz-Klimaschutz für uns alle bringen.

Patrizia Bernasconi, Grossrätin BastA!