Hinter Kulturen stehen Menschen

Eine tief greifende Angst durchdringt die Schweiz und Europa. Die Angst vor den vielen fremden Menschen und die Angst, dadurch die eigene Kultur zu verlieren. Dies ist aus meiner Sicht unbegründet, denn diese Menschen ermöglichen es jeder Person, ihrer eigenen Kultur bewusst zu werden und sich an der Vielfalt der Kulturen zu erfreuen. Es muss jedoch die Erwartung abgelegt werden, dass Integration bedeutet, seine ursprüngliche Kultur zu verleugnen. Um ein gegenseitiges Verständnis zwischen Kulturen zu ermöglichen, ist es wichtig, dass aufeinander zugegangen und voneinander gelernt wird. Dabei ist es von höchster Bedeutung, das Entstehen von Parallelgesellschaften zu verhindern, denn dadurch wird ein gegenseitiges Verständnis verunmöglicht.
Es ist von grosser Wichtigkeit, dass ein kultureller Austausch stattfindet. In der aktuellen politischen und gesellschaftlichen Situation geht oftmals das Verständnis und das Bewusstsein für unterschiedliche Kulturen vergessen oder wird gekonnt umgangen. Hinter jeder Kultur stehen Menschen, welche diese am Leben erhalten, weiterentwickeln und verbreiten. Keine Kultur besitzt eine Deutungshoheit über richtiges oder falsches Verhalten, gutes oder schlechtes Benehmen. Jeder Mensch kann durch den Kontakt mit verschiedenen Kulturen sich selbst und seine eigene Kultur weiterentwickeln, stärken und wo nötig anpassen. Negative Aspekte der eigenen Kultur können abgelegt und positive anderer Kulturen übernommen werden. Gefördert wird dadurch das persönliche Weltbild, die Toleranz und Akzeptanz gegenüber Fremdem, aber auch das Interesse an der eigenen Kultur.
Um fremde Kulturen erleben und erfahren zu können, muss man mit ihnen in Kontakt kommen. Durch persönliche Erlebnisse und Begegnungen kann Verständnis aufgebaut und eine Verbindung hergestellt werden. Dabei geht es um die Begegnung auf Augenhöhe von Mensch zu Mensch. Diesen Kontakt herzustellen, kann in vielen Fällen sehr schwer sein und wird im Asylbereich durch das bestehende System nahezu verunmöglicht. So ist es kaum verwunderlich, dass vielen der Zugang fehlt, die Menschen und Lebenssituationen hinter den in den Medien vermittelten Zahlen zu sehen.
Durch die gemeinsamen Aktivitäten des Vereins sur le pont mit Migrantinnen und Migranten, mit geflüchteten Menschen und der einheimischen Bevölkerung von Basel wurde einigen von ihnen eine Kontaktmöglichkeit geboten. Der Verein versucht, eine kulturelle Plattform zu bieten. Durch Sport, Kochen, Musizieren oder Diskutieren wird ein Austausch ermöglicht. Dabei können verschiedene Kulturen kennengelernt und erlebt werden. Wichtig ist dabei die offene Gestaltung unserer Aktivitäten, bei welchen sich jede und jeder individuell einbringen kann. Es entstehen jeweils spannende multikulturelle Situationen und Gespräche. Ich selber habe hierbei unglaublich viel gelernt und konnte meine Weltanschauung und Wahrnehmung gegenüber der eigenen Kultur und fremden Kulturen erweitern und anpassen. Aus dieser Erfahrung empfehle ich jeder Person, sich nicht gegenüber Fremdem zu verwehren, sondern offen darauf zuzugehen. Die Vielfalt der Kulturen kann das Leben bereichern und einem die Freiheit geben, über die eigenen Grenzen hinauszuschauen.
Nicola Goepfert (*1991) ist Gründungsmitglied des Vereins sur le pont, BastA!-Grossratskandidat im Kleinbasel sowie Geschäftsführer von CIVIVA.
Sur le pont setzt sich als junges Kollektiv zum Ziel, kulturelle Brücken zwischen den in die Schweiz geflüchteten Personen und der einheimischen Bevölkerung der Region Basel zu schaffen, sodass sich Menschen verschiedenster Kulturen begegnen und austauschen können. Der persönliche Kontakt und gemeinsame Aktivitäten stehen hierbei im Mittelpunkt.