AV2020 – Kein Gewinn für Frauen und Geringverdienende

Der Abstimmungskampf um die Altersvorsorge 2020 buhlt vor allem um die Gunst der Frauen, die mit der Erhöhung des Rentenalters den Löwenanteil zur Konsolidierung der AHV beitragen sollen.
Den frauenpolitischen Ausgleich soll der tiefere Koordinationsabzug geben. Es wird behauptet, dass besonders Teilzeit- und TieflöhnerInnen von der Reform profitieren, weil es endlich gelungen sei über die Senkung des Koordinationsabzugs einen höher versicherten Lohn für Teilzeitarbeitende (insbesondere Frauen), zu erreichen.
Diese Lösung ist unbefriedigend. Sie trägt der realen Leistung der Frauen nirgends Rechnung. In der Schweiz erhalten Frauen für all ihre geleistete Arbeit 44,2%1 des Männereinkommens. In marktüblichen Löhnen ausgedrückt, fehlen ihnen jährlich 108 Milliarden Franken2. Ein Viertel davon resultiert aus der Lohnungleichheit. 84 Milliarden beträgt der Wert der Summe der unbezahlten Arbeit, die Frauen mehr leisten als Männer.
Anstatt also diese unbezahlte Arbeit anzuerkennen, wie das zum Teil bei der 10. AHV-Revision in Form von Erziehungs- und Betreuungsgutschriften passiert ist, fordert man höhere Beiträge von ihnen obwohl das Einkommen bereits klein ist. Wir schaffen also gesellschaftliche Benachteiligung indem wir unbezahlte Arbeit ungleich verteilen und erwarten anschliessend, dass die benachteiligte Gruppe den Systemfehler individuell ausgleicht.
Darüber sollten wir dringend nochmal reden – feministisch.
Franziska Stier
1 http://ec.europa.eu/eurostat/statistics-explained/index.php/Gender_statistics
2http://wide-switzerland.ch/wp-content/uploads/2016/10/2017_Diskussionspapier-Altersvorsorge-2020.pdf